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Wie viele andere Länder gewährt Italien heute das Recht auf Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen. Das war aber nicht immer so. Dass Italien dieses grundlegende Menschenrecht gewährt, ist insbesondere Jehovas Zeugen zu verdanken, die dafür große Opfer gebracht haben.

In Italien galt die Wehrpflicht noch Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. 1946 gab es im ganzen Land nur 120 Zeugen Jehovas. Als ihre Zahl jedoch zunahm, gab es immer mehr junge Männer, die den Wehrdienst aus Gewissensgründen verweigerten. Ihre Haltung beruhte auf biblischen Grundsätzen wie Neutralität, Gewaltlosigkeit und Nächstenliebe.

Wie eine kürzlich in Italien durchgeführte Umfrage ergab, sind noch mindestens 14 180 Brüder am Leben, die damals aufgrund von Wehrdienstverweigerung inhaftiert waren. Sie wurden insgesamt zu 9 732 Jahren Haft verurteilt, die meisten von ihnen zwischen 1965 und 1998.

Gemäß Sergio Albesano, einem Historiker aus Turin, machten Zeugen Jehovas „die große Mehrheit derer aus, die aufgrund von Wehrdienstverweigerung in Haft kamen“. Er fügte hinzu, dass diese jungen Männer aufgrund ihrer unerschütterlichen Überzeugung „dabei halfen, die Öffentlichkeit auf dieses Problem aufmerksam zu machen“.

Giulio Andreotti, früherer Ministerpräsident von Italien, traf sich in den 1960er-Jahren als Verteidigungsminister persönlich mit einigen inhaftierten Zeugen Jehovas, um zu erfahren, warum sie den Wehrdienst verweigerten. Er schrieb später darüber: „Ich war beeindruckt von ihrer religiösen Überzeugung und ihrer neutralen Haltung zur Politik. Den Militärdienst beharrlich abzulehnen und jahrelange Haft zu ertragen, war eine bewusste Entscheidung.“

1972 trat das erste Gesetz zur Anerkennung von Wehrdienstverweigerern in Kraft. Obwohl das Gesetz die Möglichkeit eines alternativen Ersatzdienstes gewährte, unterstand dieser leider weiterhin dem Militär und war somit für Jehovas Zeugen aus Gewissensgründen nicht akzeptabel.

Am 8. Juli 1998 verabschiedete Italien endlich ein neues Gesetz, mit dem Zeugen Jehovas ein alternativer Ersatzdienst – unabhängig vom Militär – ermöglicht wurde. Im August 2004 wurde in Italien dann ein Gesetz verabschiedet, das die Wehrpflicht zum Januar 2005 komplett abschaffte.

Sergio Lariccia, Anwalt und emeritierter Juraprofessor an der Universität La Sapienza in Rom, ist einer der vielen Experten, die Jehovas Zeugen für ihren Beitrag zur Rechtsprechung in Italien würdigen. Er sagt: „Zu einer Zeit, in der Wehrdienstverweigerung von Militärgeistlichen als ‚Verrat am Vaterland und feige Handlung‘ bezeichnet wurde‚ ‚die nichts mit dem christlichen Gebot der Liebe zu tun habe‘, trug die Standhaftigkeit der vielen Zeugen Jehovas zur Weiterentwicklung der Rechtsprechung und der gesellschaftlichen Wahrnehmung bei.“

Auch die Zeugen Jehovas aus dem Bundesland Niederösterreich freuen sich über ihre Glaubensgeschwister in Italien, die über Generationen ihren Mut bewiesen haben.

Medienkontakt:
Franz Michael Zagler, Tel: 0676/6378496, E-Mail: f.m.zagler@aon.at

Foto: © jw.org

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